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Mein Hobby: Cheerleading | Zurück

Cheerleading – damit verbinden die meisten wahrscheinlich leicht bekleidete, amerikanische College-Mädchen am Rand eines Footballfeldes mit Pompons in den Händen. Ist das überhaupt eine richtige Sportart? „Anführen des Anfeuerns“, das bedeutet übersetzt Cheerleading. Marie ist 21 Jahre alt und Studentin. Seit einem Jahr ist sie Cheerleaderin in Hannover und erzählt uns, was es mit ihrem besonderem Hobby auf sich hat und warum Cheerleading ein so unterschätzter Leistungssport ist.

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Was ist Cheerleading eigentlich und wie funktioniert es?

Cheerleading ist eine Sportart aus den USA, die neben motivierenden Anfeuerungsrufen und temporeichen Tänzen vor allem Elemente aus dem Turnen und der Akrobatik beinhaltet. Es ist eine Mischung aus Akrobatik, Turnen, Tanzen, Ballett und Aerobic. Die ersten Cheerleader waren tatsächlich Männer. Männer, die beim Football oder anderen wichtigen Spielen am Rand standen und die Spieler anfeuerten. Mittlerweile ist das Anfeuern aber häufig nur noch eine Nebensache. Für meinen Verein und mich stehen die Stunts und das Turnen im Vordergrund. Stunts, das bedeutet das wir Personen quasi übereinander „stapeln“. In sogenannten Stuntgruppen von 2 bis 5 Personen werden Hebe- und Wurffiguren eingeübt. Aus all den Elementen, also den Stunts, dem Turnen und dem Tanzen, entsteht dann eine 2- bis 3-minütige Routine, die letztlich auf Meisterschaften aufgeführt wird. Es gibt zudem verschiedene Positionen: Flyer, Base, Back und Front. Der Flyer ist, wie der Name es vermuten lässt, die Person, die hochgehoben oder -geworfen wird. Der Rest steht unten, aber auch hier gibt es verschiedene Aufgaben. Bei einem klassischen Stunt sind die beiden Base an den Füßen des Flyers und der Back steht dahinter und ist vor allem für das Fangen des Kopfes verantwortlich. Der Front, der am ehesten weggelassen werden kann, arbeitet von vorne mit.

Wo und seit wann machst du Cheerleading? Und wie bist du zum Cheerleading gekommen?
Ich mache seit fast einem Jahr Cheerleading beim Turn Klubb zu Hannover (TKH). Ich habe vorher eine lange Zeit Leistungsturnen gemacht, nachdem ich aber mit dem Turnen aufgehört habe, habe ich schnell gemerkt, dass mir etwas fehlt. Zum Cheerleading habe ich gefunden, weil ich selbst beim TKH gearbeitet und so das Cheerleading-Team entdeckt habe. Für mich kam das also wie gerufen und ich habe diesen Sport für mich entdeckt.

Was ist deine Position?
Wenn man mit Cheerleading anfängt, sind diese ganzen verschiedenen Positionen echt ein bisschen verwirrend. Mit jeder Position sind nicht nur viel Können, Multitasking und diverse Aufgaben verbunden, sondern vor allem sehr viel Verantwortung. Jede*r Beginner*in startet als Front, das ist die einfachste Position und man bekommt am besten einen Eindruck, wie so ein Stunt überhaupt abläuft. Das kann nämlich ganz schön beängstigend sein am Anfang. Auch ich habe als Front gestartet. Auf der letzten Meisterschaft war ich mittlerweile Base. Ich durfte aber auch schon in andere Positionen reinschnuppern. Man braucht auf jeden Fall ein paar Trainings, um herauszufinden, welche Position zu einem passt. Die wenigsten bleiben aber ihre ganze Karriere nur bei einer Position. Das Ziel ist: Jede*r muss jede Position können.

Gibt es nur weibliche Cheerleaderinnen oder auch männliche Cheerleader?
Cheerleading ist definitiv ein Sport für jeden. Es gibt sowohl Allgirl-Teams, also Teams, bei denen nur weibliche Cheerleaderinnen mitmachen, als auch gemischte Coed-Teams mit männlichen und weiblichen Cheerleader*innen. Mein Team ist ein Allgirl-Team. Auf Meisterschaften treten auch beispielsweise nur Allgirl-Teams gegen andere Allgirl-Teams an und nur Coed-Teams gegen andere Coed-Teams.

Was ist für dich Cheerleading? Und was ist für dich das Besondere an diesem Hobby?
Cheerleading ist für mich neben dem Studium ein super Ausgleich, um mal den Kopf freizubekommen. Man knüpft Freundschaften und lernt immer wieder Neues. Beim Cheerleading ist es wichtig, dass man seinen Teamkolleg*innen vertrauen kann. Das macht den Sport so besonders. Er baut auf Vertrauen auf. Wirst du mehrere Meter hochgeworfen, musst du darauf vertrauen, dass deine Stuntgruppe dich auffängt. Und auch die, die auf dem Boden stehen, müssen dem Flyer vertrauen können – dass der Flyer beim Hochgeworfen nicht den anderen ins Gesicht tritt oder ähnliches. Außerdem herrscht auf Meisterschaften eine unvergleichliche Stimmung, alle Teams feuern sich gegenseitig lautstark an, singen und tanzen. Das gibt es in dieser Form selten bei anderen Sportarten. Das besondere an Cheerleading ist außerdem die einzigartige Kombination aus verschiedenen Sportarten. Cheerleading ist einfach ein unglaublich vielseitiger Leistungssport.

Was hat es mit dem Klischee der leicht bekleideten, amerikanischen College-Mädchen beim Football auf sich? Ist das überhaupt ein Klischee?
Für mich persönlich und für den Sport, den ich ausübe, ist das hundertprozentig ein Klischee. Die Uniform, die wir bei Auftritten und auf Meisterschaften tragen, ist kein Ganzkörperanzug, aber wir sind auch nicht halb nackig. Es ist ein kürzeres Sportoutfit, wie man es in vielen Sportarten findet. Manche Teams haben auch mal lange Hosen an oder langärmlige Oberteile, mal bauchfrei, mal den Bauch bedeckend, das ist ganz unterschiedlich und meistens auch altersabhängig. Wir sind auch nicht alle „spargeldürr“. Cheerleading ist ein Kraftsport, erfordert Muskeln und damit eben auch mal ein bisschen Körperfett. Jede Position erfordert einen anderen Körperbau. Das macht Cheerleading aber auch zu einem so vielseitigen Sport: Jede Körpergröße und jedes Körpermaß finden hier einen Platz. Es gibt jedoch auch Teams, bei denen das Klischee vielleicht stimmen mag, was ja auch gar nicht schlimm ist. Manche Teams haben sich auf den Aspekt des Anfeuerns konzentriert, andere auf den Aspekts der Stunts und des Turnens.

Wie sieht eine typische Cheerleading-Saison aus? Gibt es Wettkämpfe?
Eine typische Saison startet bei uns meistens nach den Sommerferien. Ab dann wird zusammen an einer neuen Choreografie gearbeitet. Und obwohl die Choreografie am Ende zwischen 2 und 3 Minuten lang ist, steckt da immer mindestens ein halbes Jahr Arbeit drin. Mit dieser monatelang eingeübten Performance treten wir dann bei der Landesmeisterschaft an. Die ist meistens irgendwann im Winter. Wenn man dort gut abliefert, kann man sich für die Deutsche Meisterschaft qualifizieren, dann für die Europameisterschaft und später für die Weltmeisterschaft. Ab und zu gibt es zwischendurch auch noch freie Meisterschaften, bei denen man sich meistens nicht noch weiter qualifizieren kann. Alle Meisterschaften sind harte Wettkämpfe. Jedes Team hat einen Versuch, seine monatelang einstudierte Choreografie abzuliefern. Wenn was schiefläuft, etwas herunterfällt oder sich jemand verletzt, hat man Pech. So eine Meisterschaft kann schon mal emotional werden, aber auch unglaublich schön – wenn alles so läuft wie geplant.

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Was sind für dich die Highlights und, falls vorhanden, Lowlights deiner Cheerleader-Karriere gewesen?

Ich glaube, das Highlight dieser Saison war die Elite Champion Chip in Bottrop. Eine Meisterschaft, die direkt im Moviepark stattfand. Neben dem eh schon adrenalinreichen Auftritt konnte man auch noch den ganzen Tag Achterbahn fahren. Das war auf jeden Fall mein Highlight. Mein Team hat aber auch schon viele andere Highlights hinter sich. Leider ohne mich, weil ich ja erst so spät dazugestoßen bin. Beispielsweise haben sie 2019 den 3. Platz bei der Europameisterschaft belegt, sie waren beim Ball des Sports und die jüngste Altersgruppe meines Vereins, die Mini Pepper, waren tatsächlich schon in Japan bei der Weltmeisterschaft und haben dort den 4. Platz belegten. Letztlich ist jede Saison ein Highlight für sich. Richtige Lowlights gab es für mich noch nicht. Manchmal steht beim Training alles, aber bei der Meisterschaft klappt es dann nicht – das kann ein bisschen frustrierend sein. Man hat ja nur eine Chance, seine Performance abzuliefern. In diesen zwei oder drei Minuten bin ich so aufgeregt wie sonst nie in meinem Leben, das ist ein wahnsinniges Gefühl. Es ist pures Adrenalin, wenn die Scheinwerfer auf einen gerichtet sind, die Musik angeht und das gesamte Publikum mitschreit, klatscht und jubelt. Aber natürlich ist das Gefühl umso enttäuschender, wenn genau in diesem Moment etwas schiefläuft. Wir üben zwei- bis dreimal die Woche mehrere Monate lang für diesen Auftritt. Ein Wimpernschlag, und er ist vorbei. Und nicht immer läuft eben alles glatt. Nur weil es beim Training klappt, heißt es noch lange nicht, dass es auch auf der Meisterschaft steht. Da kommen so viele zusätzliche Faktoren dazu, die einen beeinflussen. Und wenn dann wirklich etwas, was eigentlich immer steht, schief geht und fällt – das sind wortwörtlich die Downs, auf die ich gerne verzichten würde. Nicht selten kosten einen die kleinsten Fehler das Treppchen.

Würdest du sagen, spricht Cheerleading nur eine bestimmte Zielgruppe an oder kann das tatsächlich etwas für jede und jeden sein?
Klar sollte man ein gewisses Interesse fürs Turnen und fürs Stunten mitbringen, aber das Alter und Geschlecht ist vollkommen egal. Wenn man zum Beispiel in den Zwanzigern ist und anfangen will: Go for it! Es ist nie zu spät. Ausprobieren lohnt sich! Der TKH hat drei verschiedene Altersgruppen: Die Mini Pepper (6-12 Jahre), die Red Stars (12-17 Jahre) und die Red Pepper, mein Team, für 17-30 plus). Ein Probetraining kann man gerne bei meiner Trainerin Saskia Heidemann unter cheerleading@turn-klubb.de vereinbaren.

Wie zeitintensiv ist Cheerleading? Ist es nur ein Hobby oder füllt es die ganze Woche?
Es ist auf jeden Fall ein Hobby, aber ein bisschen Zeit muss man schon mitbringen. Und vor allem schadet ein Prise Verantwortungsgefühl nicht. Man trainiert zwei- bis dreimal die Woche und hat ab und zu Auftritte. Und besonders vor Meisterschaften gibt es oft extra Trainings. Der Umfang variiert aber bestimmt auch von Verein zu Verein.

Wie hoch sind die Kosten?
Es werden meist zu Beginn Cheerschuhe, Teamwear und die Uniform benötigt, und für die Meisterschaften fallen auch ein paar Kosten an. Die Kosten variieren, da nicht jeder Verein an den gleichen Meisterschaften teilnimmt. Man sollte aber schon mit ein paar Kosten rechnen. Wenn man die Grundausstattung zusammen hat, kommen dann meistens keine riesengroßen Kosten mehr auf einen zu.

Was rätst du Cheerleader-Anfänger*innen?
Habt Geduld! Ich war selbst gerade noch Anfängerin und weiß, dass es am Anfang frustrierend sein kann, wenn man mit den neuen Elementen und verschiedenen Griffen überfordert ist. Aber Cheerleading braucht Zeit und man lernt nie aus und wenn man einmal den Dreh raushat, macht es unglaublich viel Spaß!

>> Interview: Andra Vahldiek, Fotos: Stephan Kraft

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