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About Feminism: Woman's rights are human rights! | Zurück

 „Alles Gute zum Weltfrauentag!“, sagt er und gratuliert mir, weil sein heteronormatives Cis-Hirn denkt, ich müsse ja eine Vagina haben. Weil lange Haare, Rock und so. Ja, herzlichen Glückwunsch an ein Geschlecht, dass auch 2024 immer noch unterdrückt wird. Wir feiern heute eine Mega-Party, weil wir uns so freuen. Freuen darüber, wie toll es ist, eine Frau zu sein. Weil die fehlende Frauenquote oder weniger Gehalt für gleiche Arbeit in dem verdreckten Sumpf aus Belästigungen, Femiziden und struktureller Erniedrigung kaum noch auffallen. Der Weltfrauentag geht uns ehrlich gesagt am Arsch vorbei – der 8. März ist feministischer Kampftag! Wir als Team der nullfünfelf haben uns ein paar Gedanken zum sogenannten „Weltfrauentag“ gemacht. Wir haben uns in diesem Artikel mit verschiedenen Themen befasst, die uns im Alltag begegnen und die wir für wichtig und diskussionswürdig halten. Natürlich gibt es noch viele weitere Themen, aber irgendwo mussten wir anfangen. „Wir“, das sind in diesem Fall zwei weiße Frauen.

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Das böse F-Wort

Feminismus, jetzt ist es raus! Wir müssen reden, auch wenn man es fast nicht mehr hören kann. Während der internationale Frauentag mittlerweile schon beinahe wieder in Vergessenheit geraten ist (er gerät meistens am 9. März in Vergessenheit), ist Feminismus nicht an einen Tag gebunden, sondern immer aktuell und unumgänglich. Bevor wir anfangen, über Feminismus zu sprechen, wollen wir vorausschicken, dass es nicht den einen, richtigen Feminismus gibt. Es gibt im Gegenteil viele verschiedene Strömungen, die teils völlig unterschiedlich ausgerichtet sind und jeweils andere Ziele vertreten. Doch einigen können sich fast alle Formen auf die Forderung nach Selbstbestimmung, Freiheit und Gleichheit für ALLE Menschen, völlig unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft oder Sexualität. 

Feminismus war schon immer mehr und ist auch heute weitaus mehr als das, was die üblichen Klischees so hergeben. In vielen Köpfen kursiert noch das Bild von Frauen, die ihre BHs verbrennen oder immer mal wieder (und immer und immer wieder) gleichen Lohn für gleiche Arbeit fordern. Und wenn dann am 8. März zum „Weltfrauentag“ gratuliert wird, mit Blumen und Pralinen, dann klopfen diese Frauen sich gegenseitig auf die Schulter, weil ja schon so viel erreicht wurde (und die Männer nicken jovial-wohlwollend). 

Natürlich ist es schön, dass sich zumindest in manchen Bereichen in manchen Ländern Frauen mittlerweile annähernd die gleichen Rechte erkämpfen konnten, wie Männer sie schon lange besitzen. Doch der Weg ist trotzdem noch weit. Und der 08. März ist darum auch kein Feiertag. Sondern ein Tag, an dem wir uns zwar über die erreichten Selbstverständlichkeiten freuen, aber vor allem laut sein wollen über die Selbstverständlichkeiten, die es noch immer nicht gibt. Der Kampf um Gleichberechtigung bleibt (leider) ein Dauerbrenner, auch vor und nach dem 08. März. Aber dieser Tag genießt Aufmerksamkeit. Und es ist eine gute Idee, diese Gelegenheit zu nutzen. Um auch an diesem Tag auf die Ungleichbehandlung aufmerksam zu machen, und zwar nicht nur gegenüber Frauen, sondern gegenüber allen Personen, die vom Patriarchat unterdrückt werden.

Insbesondere intersektionale Diskriminierung ist ein Thema, das die wenigsten (zu ihrem Glück) nachvollziehen können. Als weiße Frauen in einem reichen Land genießen wir diverse Privilegien, die eine Schwarze lesbische Transfrau in dieser Gesellschaft nur selten vorfindet (Stichwort weißer Feminismus). Wozu man sich direkt fragen könnte, warum wir einen Titel zum Weltfrauentag aber nicht zum Black History Month drucken? Und das zu Recht! Darum muss Feminismus mehr fordern als nur Geschlechtergerechtigkeit zwischen weißen Menschen. 

Gerade jetzt, in einer Zeit, in der wir einen Backlash erleben, in der junge Männer* sich scheinbar wieder „zurückentwickeln“, immer konservativer werden, aus was für Gründen auch immer, und sei es nur, weil sie Angst um ein bisschen patriarchale Macht haben, ist 365 Tage im Jahr feministischer Kampftag. Es ist nicht vorbei, wenn die weiße Frau für die gleiche Arbeit so viel verdient wie der weiße Mann, es fängt erst dann so richtig an. Und es ist tatsächlich ein Kampf. Was man unschwer zum Beispiel auch daran erkennen kann, dass am 8. März und an keinem anderen Tag der Ruf nach einem Weltmännertag so groß ist, nicht einmal am 3. November, dem tatsächlichen Weltmännertag. Wobei wir hier kein reines Männer-Bashing betreiben wollen (zumindest nicht hauptsächlich). Denn natürlich sind es „nicht alle Männer“, die belästigen, diskriminieren und vergewaltigen. Aber allein, dass das immer dazu gesagt werden muss, zeigt doch die Ausmaße der patriarchalen Strukturen und wie weit wir noch entfernt sind von einer solidarisierten und gleichberechtigten Gesellschaft. 

Was sollen eigentlich diese FLINTA*-only Veranstaltungen – und warum das Männer* nicht ausgrenzt

Der feministische Kampftag macht auf die anhaltende Diskriminierung und Unterdrückung von FLINTA*-Personen aufmerksam. Es gibt tatsächlich keine selbstverständliche Sicherheit. Und diese Erfahrung kennen alle, die abends im Dunkeln im Park joggen oder nachts allein nach Hause gehen – mit dem Schlüssel zwischen den Fingern und dem Pfefferspray griffbereit in der offenen Handtasche. Mehr Sicherheit wäre ein Anfang. Aktuell ist allerdings keine Sicherheit für FLINTA* Personen im öffentlichen Raum gegeben, weshalb wir darauf angewiesen sind, Schutzräume einzurichten. 

 Ein kurzer Einschub zum Wording. FLINTA* ist ein Akronym und steht für Frauen, Lesben, inter*, nichtbinäre, trans* und agender Personen. Das Sternchen am Ende dient als Platzhalter für alle Menschen, die sich nicht zuordnen möchten, sich jedoch trotzdem zugehörig fühlen. Es ist also keine so schlechte Idee, den Begriff FLINTA* zu nutzen, um möglichst alle Menschen in unsere Sprache zu inkludieren. Auf die einzelnen Begriff können wir hier aus Platzgründen nicht weiter eingehen, aber dazu lohnt immer eine kleine Google-Recherche. Manchmal liegen zwischen Erkenntnis und Ressentiment nur ein paar Klicks.

In den 70er-Jahren entstanden die ersten Räume, die sich ausschließlich an Frauen richteten. Orte, an denen Frauen sich sicherer fühlen konnten. Sie durften unter sich sein und konnten damit für eine Weile den diskriminierenden patriarchalen Strukturen entfliehen. Erst waren es Frauenräume, dann FrauenLesben-Räume und heute FLINTA*-only-Veranstaltungen. Auch die Frauenhäuser entstanden aus dieser Bewegung heraus, von denen es bis heute aber leider viel weniger gibt, als gebraucht werden. Bei all diesen Räumen ging es von vornherein um Sicherheit. Es ging nie darum, Männer* strukturell auszuschließen, sondern um die Schaffung eines Ortes, an dem es mal nicht um den Mann* ging. Einen Ort ohne Angst. Und das sollen FLINTA*-only-Veranstaltungen auch heute noch sein: Schutzräume, in denen man sexueller Belästigung und Diskriminierung kurzfristig entliehen kann. Auch andere Gruppen, die strukturell von Ausgrenzung, Gewalt und Diskriminierung betroffen sind, veranstalten heute verschiedene Formen der -only-Veranstaltungen. Beispielsweise BiPoC-only, LGBTQIA+-only oder auch TINA*-only Veranstaltungen ermöglichen Menschen einen Safe Space, der bei anderen Events einfach nicht in diesem Sinne möglich ist. Ist das denn die Lösung, könnte man nun kritisch nachfragen – only-Räume zu schaffen und Männer* auszuschließen? Nein, bestimmt ist das keine Lösung, sondern nur eine Zwischenlösung auf dem Weg zu echter Gleichberechtigung. Diese Veranstaltungen sollen und sollten noch nie Hass gegen weiße cis-Männer stiften oder etwas pauschal unterstellen. Beim FLINTA*-Begriff als auch bei FLINTA*-only Veranstaltungen ging es noch nie darum, andere Gruppen gezielt auszuschließen oder ihnen systematisch verschiedene Möglichkeiten der Teilhabe zu verwehren. Es geht darum, unterdrückten Gruppen überhaupt einen Zugang zu ermöglichen und das in einem besonders sicheren Umfeld. Und solche Räume sind leider (noch) eine Notwendigkeit in patriarchalen, heteronormativen, größtenteils rassistischen und generell in jeglicher Form ausgrenzenden Gesellschaften. Funktioniert das?

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Wir haben euch über Instagram (@nullfuenfelf.hannover) einige Fragen zu FLINTA*-only-Veranstaltungen gestellt, um hier ein kleines Stimmungsbild abbilden zu können:

Warst du schon einmal auf einer Flinta*-Veranstaltung?
Ja: 19%
Nein: 49%
Nein, weil ich eine männlich gelesene Person bin: 23%
Was ist das? 9%

Warum warst du bei einer Flinta*-Veranstaltung?
„Safe Space, generell freier vom ‚male gaze‘ (egal was man anzieht etc.)“

Für nicht FLINTA*-Personen: Fühlst du dich von Flinta* Veranstaltung ausgeschlossen?
Ja: 25%
Nein: 47%
Die Veranstaltungen sind mir egal: 28%

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Wie hängt Feminismus eigentlich mit unserer Demokratie zusammen?

Demokratie und Feminismus bedingen sich gegenseitig. Funktionierende Demokratien bieten eine Grundlage, auf der ein starker Feminismus wachsen kann. Frauenrechte sind Menschenrechte, die zu den Grundelementen einer modernen demokratischen Verfassung gehören, weshalb eine Demokratie zum Beispiel Raum für Demonstrationen bietet, FLINTA*-Personen in die Politik inkludiert und theoretisch eine Gleichberechtigung anstrebt. Durch eine feministische Politik können inkludierende Gesetze wie bei uns das Selbstbestimmungsgesetz für Transmenschen umgesetzt werden. Wie gesagt, „können“, denn vor einem Rollback sind wir leider auch in Demokratien nicht sicher, was man unschwer an den Diskussionen zum Thema Abtreibung erkennen kann. Dass der Körper einer Frau ihr ganz allein gehört und niemand außer sie selbst darüber entscheiden darf, was sie mit diesem Körper anstellt, scheint in vielen konservativen Köpfen noch immer nicht angekommen zu sein. 

Demokratie ist also eine gute Grundlage für Feminismus. Umgekehrt ist Feminismus aber ebenso eine Grundlage für eine funktionierende Demokratie, in der ALLE Menschen mitbestimmen können und gleichberechtigt behandelt werden. Und insofern ist auch eine feministische Außenpolitik keine so schlechte Idee. Sie sichert langfristig die Grundlage für Frieden, weil ihr zentraler Wert auf Gerechtigkeit basiert und drei entscheidende Kernforderungen gestellt werden: Rechte, Ressourcen und Repräsentanz. Zusammengefasst sollen Frauenrechte weltweit gestärkt werden, finanzielle Ressourcen für bestimmte Projekte und Maßnahmen bereitgestellt werden und die Repräsentanz von Frauen in außenpolitischen Positionen sowie entscheidenden Verhandlungen erhöht werden. Feministische Außenpolitik hat also einen entscheidenden Einfluss auf die Friedenssicherung – was wiederum die Grundlage für funktionierende Demokratien bildet.
 
Catcalling und Komplimente …

„Wie und welche Komplimente darf ich denn überhaupt noch machen? Ist alles direkt Catcalling oder (sexuelle) Belästigung? Man darf ja gar nichts mehr sagen! Jetzt freut sich die Frau nicht mal mehr über ein gutgemeintes Kompliment über ihren knackigen Po oder ihr schönes Lächeln, was sie mal öfter zeigen sollte.“ Solche Sätze hören wir ständig. Männer* scheinen da inzwischen ein paar Fragen zu haben. Und das ist gut so. „Man darf im Club ja nicht mal mehr eine Frau antanzen, schon ist man sexuell übergriffig und wenn man sie in der Bahn anstarrt, weil sie ein enges Kleid trägt, ist das schon Belästigung.“ Ja, Männer* haben offensichtlich ein Problem. Ein kleiner Fortschritt, wenn sie zumindest ins Grübeln geraten. Viele grübeln aber nicht. Im Gegenteil. FLINTA*-Personen werden häufig Opfer von Catcalling. Der Begriff meint verbale sexuelle Belästigungen im öffentlichen Raum. Es geht um anzügliche Rufe, Nachpfeifen oder irgendwelche unangebrachten Sprüche, die Menschen unaufgefordert zu hören bekommen. Das häufigste Thema dieser Rufe ist der Körper von Frauen*. Generell werden Frauen* häufiger Opfer von Catcalling als Männer*. Und Komplimente sind etwas ganz anderes. Wir haben euch nach schönen Komplimenten gefragt. Hier eure Antworten:

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Wurdest du schon mal durch Worte belästigt?
Ja: 86
Nein: 14%

Über welche Komplimente und welche Form von Komplimenten würdest du dich freuen?
- Komplimente über Ausstrahlung, Style oder Eigenschaften.
- Über ehrliche Komplimente bezüglich Style und Charakter nicht auf das Aussehen direkt bezogene. Also z.B. lieber „du siehst cool aus“ oder „ich mag deine (z.B.) Jacke“ als „du bist aber ‘ne Hübsche“.
- Wenn mir jemand sagt, dass ich eine schöne Ausstrahlung oder einen tollen Charakter habe.
- Wenn Komplimente aufs Aussehen bezogen sind, ist der Ton und die Wortwahl entscheidend.
- Du wirkst mega sympathisch.
- Du bist ein richtig toller Mensch.
- Komplimente von nicht-fremden Menschen, dann Form egal, da es vom Herzen kommt.


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Wie wäre es also, wenn wir uns darauf einigen könnten, Komplimente nicht mehr nur auf das Aussehen zu reduzieren, sondern stattdessen welche zu Charaktereigenschaften zu machen oder zum Auftreten einer Person? Es ist viel schöner zu hören, dass man ein sympathisches Auftreten, ein ansteckendes Lachen oder eine tolle Ausstrahlung hat, anstatt einen runden Po in der Jeans. Falls ihr euch also mal unsicher seid, ob ein Kompliment gerade passend ist oder von eurem gegenüber überhaupt gehört werden möchte, fragt doch einfach kurz nach, ob ihr der Person gerade ein Kompliment machen dürft und dazu gehört auch ein „Nein“ einfach zu akzeptieren. Konsens ist in allen Lebensbereichen ein guter Freund, ob bei einem Date oder in der alltäglichen Kommunikation mit Freund*innen.

Wie geht Konsens und was heißt das überhaupt?

Konsens ist eigentlich nur ein anderes Wort für Zustimmung, Einwilligung oder Übereinstimmung. In Bezug auf körperliche oder sexuelle Handlungen meint Konsens die Zustimmung aller Seiten einzuholen, BEVOR man sich auszieht, küsst, anfasst, leckt oder was ihr sonst noch so treibt. Es geht darum, Grenzüberschreitungen aber auch Gewalt entgegenzuwirken. Und dazu trägt so ein vorher eingeholtes Einverständnis bzw. Einvernehmen auch herrlich entspannend bei. Spaß haben auf Augenhöhe. Wobei, nicht vergessen, ein „Ja“ kann auch wieder zu einem „Nein“ werden, alle haben das Recht, es sich währenddessen doch noch anders zu überlegen. Das ist zu respektieren. Klar, Grenzen sind dazu da, um vielleicht auch mal herausgefordert zu werden. Aber trotzdem gilt. Ohne ein ausdrückliches „Ja“ läuft gar nichts. Und nur „Ja“ heißt „Ja“. 

Konsens hilft dabei, sich gegenseitig besser einschätzen zu können und nicht zu belästigen, keine Grenzen zu überschreiten, viel zu weit zu gehen. Auch beim Thema Konsens geht es letztlich um Sicherheit und Respekt, und darum, lieber einmal zu oft als einmal zu wenig nachgefragt zu haben. Konsens ist eigentlich kein neues, von Gen Z geschaffenes Konzept, das es allen schwerer machen soll. Es wurde bereits in den 1970er-Jahren von feministischen Kreisen zur Prävention von sexualisierter Gewalt „erfunden“. Letztlich macht es allen das Leben leichter. Nicht einfach übergriffig zu handeln, bevor es ein klares „Ja“ gibt, ist theoretisch gang und gäbe, wird aber im Alltag gar nicht mal so oft eingehalten. Nur wenige fragen wirklich bei jedem neuen Schritt nach einem „Ja“ und das, obwohl Sex ohne klare Zustimmung nicht einvernehmlich ist und damit strafbar. Aber ist diese ständige Nachfragerei nicht ein Stimmungskiller? Wir haben bei euch nachgefragt, wie ihr es findet, wenn man euch um Erlaubnis fragt, bevor man euch in welcher Form auch immer anfasst:


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Weißt du was Konsens ist?
Ja: 91%
Nein: 9%

Willst du nach Konsens gefragt werden:
Ja: 85%
Nein: 15%

Wurdest du schon mal nach Konsens gefragt?
Ja: 68%
Nein:32%

Ist Konsens für dich ein Stimmungskiller?
Ja: 8%
Nein: 92%

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Beziehungstaten und anderen Banalitäten

Ein Femizid ist ein Mord an einer Frau*, nur weil sie eine Frau* ist. Das passiert vermehrt im Beziehungs- und Familienkontext. Die Zahlen steigen jährlich. Und klar, es gibt natürlich auch Fälle, bei denen Frauen* ihre (Ex-)Partner etwa aus eifersüchtigen Motiven umbringen, aber das ist viel, viel, viel seltener. Der Begriff „Femizid“ umschreibt, dass diese Morde an Frauen* ein strukturelles Problem im Patriarchat sind. Jeden dritten Tag wird eine Frau in Deutschland durch ihren Partner oder Ex-Partner ermordet und jeden Tag gibt es einen Versuch. Der Begriff Femizid wird jedoch nur selten in den Medien verwendet. Morde an Frauen* werden als „Beziehungstat“ oder „Ehestreit“ deklariert und als „Partnerschaftsgewalt“ verharmlost. Dabei sind Femizide nur die Spitze der patriarchalen Gewalt, die Frauen* erleben müssen. Generell ist die Gewalt gegen Frauen* erschreckend groß und sie wird noch immer viel zu wenig beachtet. Jede Stunde werden mehr als 14 Frauen* in Deutschland Opfer von besagter „Partnerschaftsgewalt“. Der Begriff klingt irgendwie danach, dass Gewalt in einer Partnerschaft etwas ist, dass in Kauf genommen werden muss und mal vorkommen kann. Aber gar nichts rechtfertigt Gewalt! Falls ihr betroffen seid, sucht euch Hilfe! Das Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ ist rund um die Uhr kostenlos und auf Wunsch auch anonym unter folgender Nummer zu erreichen: 08000 116 016


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Patriarchat in Zahlen:

17 Prozent der betroffenen Frauen erleben Gewalt durch den Partner zum ersten Mal, wenn sie sich trennen wollen.

Opfer von sexueller Nötigung (2021, je 100.000 Einwohnenden, Deutschland)
Männer: 12,63%
Frauen: 68,35%

Verurteilungen wegen sexueller Nötigung (2021, je 100.000 Einwohnenden)
Männer: 8,75%
Frauen: 0,1%

Opfer von Vergewaltigungen (2021, je 100.000 Einwohnenden)
Männer: 1,85%
Frauen: 23,26%

Verurteilungen wegen Vergewaltigung (2021, je 100.000 Einwohnenden)
Männer: 3,19%
Frauen: 0,05%

Anteil der Frauen, die in ihrer aktuellen oder früheren Partnerschaft körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren haben (2014): 22%

Anteil der Frauen, die Erfahrung mit Stalking gemacht haben (2014): 24%

Von 1.000 Vergewaltigungen werden nur 5 bis 15% angezeigt, wovon weniger als 1% der Täter verurteilt werden und zudem weniger als 1% der Täter sich als falsch beschuldigt herausstellen. Die Dunkelziffer ist entsprechend bei allen Zahlen noch deutlich höher, weil viele Betroffene sich nicht trauen, zur Polizei zu gehen und häufig eingeredet bekommen, sie seien selbst schuld an dem Geschehenen.



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Binäre Geschlechter für‘n Arsch

FLINTA*-only-Veranstaltungen, das Fragen nach Konsens und das Verhindern und Lautmachen von Catcalls sind vielleicht für einige privilegierte Konzepte, ganz vielen Menschen geben solche Konzepte neben Schutz und Sicherheit aber auch Hoffnung. Darauf, dass sich Gesellschaften positiv entwickeln können, dass zum Beispiel Übergriffe und Vergewaltigungen gar nicht erst passieren. Es gibt momentan so einen neuen Trend, den Feminismus auf Autopilot zu stellen. Umso wichtiger ist es, noch mehr zu kämpfen, immer, und auch am 8. März, am „Weltfrauentag“, den wir, wie gesagt eher als feministischer Kampftag sehen. Dieser Tag sollte sich nicht allein auf weiblich gelesene Menschen beziehen, er sollte weitere Räume für FLINTA*-Menschen schaffen, aber auch Männer* miteinschließen. Männer*, die mit uns für eine gleichberechtigte Welt kämpfen wollen. Es geht um Gleichberechtigung und NICHT um ein Matriarchat à la Mattel. Es geht darum, dass potenziell alle Geschlechter irgendwann harmonisch und auf Augenhöhe zusammenleben.

Okay, das klingt zugegeben ziemlich utopisch. Und ja, das ist noch ein langer Weg und ob wir es irgendwann ins Ziel schaffen, ist fraglich. Aber kämpfen müssen und sollten wir trotzdem.

Wir wünschen uns eine Gesellschaft, in der das Zweigeschlechtersystem dekonstruiert wird, in der die Verträglichkeit von Medikamenten nicht nur aus Versuchen mit Männern abgeleitet wird, in der Schwangerschaftsabbrüche ein Grundrecht sind, in der Menschen mit Behinderungen in alle Bereiche inkludiert sind, in der volle Selbstbestimmungsgesetze gültig sind, eine Gesellschaft, in der frauen*freundlichere Verhütungsmethoden zur Verfügung stehen, eine Gesellschaft ohne Rassismus und Menschenphobie. Wir wünschen uns eine Welt, in der marginalisierte Gruppen nicht erst Schutzräume schaffen müssen, um sich sicher zu fühlen, eine Welt, in der alle Geschlechter gleichberechtigt sind. Für all das und noch viel mehr braucht es in Zukunft nicht nur guten Willen, sondern entschlossenes Handeln – am 8. März und jeden Tag.

Wir wollen keine Blumen oder Pralinen am 08. März, wir wollen ein Verständnis für die Problematik. Für uns ist der Begriff „Weltfrauentag“ ein verharmlosender und ausgrenzender Ausdruck. Es geht an diesem Tag nicht „nur“ um unterdrückte Frauen und es geht auch nicht ausschließlich um Frauen – es geht um alle. Gefordert ist ein intersektionales Verständnis von Feminismus, der alle Geschlechter betrifft und für alle Geschlechter kämpft. Darum sagen wir lieber feministischer Kampftag. Der feministische Kampftag ist ein Grundgedanke, der uns vorantreibt. Das Ziel ist nicht Feminismus, der Weg ist Feminismus.


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>> Text: Andra Vahldiek, Mette Vöge
>> Illustrationen: Ilka Hinzberg

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