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Herbst 2022: Die beste WG der Welt | Zurück
Ich stehe vor einem blauen Mehrfamilienhaus am Vahrenwalder Park. Nachdem die Tür gesummt hat, schleppe ich mich die Treppe bis in den vierten Stock hinauf. Oben angekommen, werde ich freudig empfangen und bekomme erstmal eine Führung durch die beste WG der Welt. Während ich dabei noch die schöne Einrichtung bewundere und mich frage, ob ich je so organisiert sein werde, dass auf meinem Küchentisch, so wie hier, immer Blumen stehen, hört es sich plötzlich an, als würde im Badezimmer ein Düsenjet starten. So ähnlich ist es auch. Bei dem Geräusch sind Elisabeth und Hannah direkt losgerannt. Ich folge ihnen und finde Hannah im Bad auf der Waschmachine, dem Quell der Lärmbelästigung. „Die ist irgendwie kaputt und schleudert nicht mehr richtig. Da muss man sich draufsetzen, damit sie im Schleudergang nicht durchs Bad wandert und dabei die Tür versperrt“, sagt Hannah. Wir warten, bis die Maschine fertig geschleudert hat, ehe wir uns in die Küche setzen ...
Elisabeth ist 24 Jahre alt und studiert an der Leibniz Universität Germanistik und Philosophie auf Gymnasiallehramt. Sie wohnt jetzt seit knapp einem Jahr in der List. Wenn man sie anschaut, erkennt man direkt, dass man einen lieben, energetischen Menschen vor sich hat. Sie trägt die Haare kurz und hat dazu immer einen lustigen Spruch auf den Lippen. Auch ihre Mitbewohnerin Hannah beschreibt sie mit drei Worten zu allerest als witzig und weiter als zuverlässig und toll. Wenn sie nicht gerade ihrem großen Hobby des Sockenstrickens nachgeht, arbeitet sie immer noch gerne beim Kirchenkreis im Jugenddienst als Ehrenamtliche. Hier hat sie auch schon ihr FSJ gemacht. Ihren Lifestyle beschreibt sie selbst als geordnetes Chaos – was halt im Stress so liegen bleibt. Dennoch kommen die gemeinsamen Unternehmungen mit der Mitbewohnerin nie zu kurz und wer würde sie sonst zum Sport motivieren, wenn nicht Hannah?
Der kleine Nager Norbert ist der Ehrenmitbewohner in der Mädels-WG. Mit seinen knapp fünf Jahren ist er der älteste Mieter in der WG, sein Zimmer ist der Balkon. Liebevoll wird er auch Aggrohörnchen genannt, weil er gern mal Blumentöpfe umschmeißt, wenn er zu wenig Aufmerksamkeit – und Nüsse – bekommt. Man merkt sofort, dass zwischen diesen Dreien eine besondere Beziehung besteht. Das Eichhörnchen kommt gerne in den Morgenstunden und schaut jeweils in die Fenster der beiden, um nach dem Rechten zu sehen. Norbert ist ein niedlicher, zutraulicher und gieriger kleiner Nager. In den Aggrohörnchen-Modus geht er erst über, wenn er feststellt, dass sein Futterhaus nicht mit neuen Haselnüssen befüllt worden ist. Norbert würde es nicht verraten, aber Hannah ist insgeheim sein Liebling. Nachdem Elisabeth ihn einmal so furchtbar erschreckt hat, dass er sich zitternd auf die Palettenbank verzogen hat, kommt er doch lieber zu Hannahs Fenster geklettert. In seiner Freizeit lädt er gerne seine Freunde auf „seinen“ Balkon ein und spielt Fangen. Bisher wollte er aber seine Freunde weder Hannah, noch Elisabeth vorstellen. Er ist eben auch ein wenig schüchtern.
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Seit wann wohnt ihr hier zusammen? Hat die WG eine kleine Entstehungsgeschichte?
Elisabeth: Wir haben uns vor ungefähr einem Jahr unterhalten und festgestellt, dass wir beide eine ähnliche Situation haben. Meine damalige Mitbewohnerin wollte mit ihrem Freund zusammenziehen und bei Hannahs ehemaliger Mitbewohnerin war es genau das gleiche. Nur war es bei mir so, dass ich ausgezogen bin. Und bei Hannah ist ein Zimmer frei geworden. Die Idee lag nahe – dann könnten wir doch zusammen ziehen. Und im November bin ich zu Hannah gezogen.
Hannah: Wir kannten uns aus der O-Woche. Wir haben uns bei der Ersti-Rallye kennengelernt und haben uns danach immer mal so getroffen. Irgendwann haben wir uns dann – da stand bei mir schon fest, dass meine alte Mitbewohnerin auszieht – ausgetauscht und haben dabei festgestellt, dass wir, was WG betrifft, voll die gleichen Ansichten haben. Dann hat sich das irgendwie nochmal verlaufen, aber zwei Monate später habe ich dich dann angerufen und gemeint: „Hey, willst du nicht hier einziehen?“ Und dann ging das richtig schnell.
Elisabeth: Ja, es ging richtig, richtig schnell. Weil die Vormieterin dann auch schnell raus wollte – und ich musste bei mir gucken, dass das alles passt mit der alten WG. Aber es hat alles gut funktioniert. Wir haben dann mit der Einrichtung noch ein bisschen was neu gemacht. Wir haben einen sehr ähnlichen Geschmack, das ging gut.
Bevor ihr zusammengewohnt habt, wart ihr also eher Bekannte?
Hannah: Ja.
Elisabeth: Ja. Wir haben dann erst richtig gebonded!
Elisabeth, hast du, wenn du hier vorher zu Besuch warst, immer schon alles so ein bisschen abgecheckt?
Elisabeth: Ich habe ja nicht gedacht, dass ich hier mal einziehe. Aber ich kannte die Wohnung halt schon vorher und vor allem kannte ich den Balkon. Ich hatte in meiner alten WG keinen Balkon und dann ist der Balkon hier auch noch richtig, richtig schön. Dieser Balkon war so ein Argument für diese Wohnung. Im Sommer hat man die perfekt Nachmittagssonne und abends kann man dort lange sitzen. Als dann feststand, dass ich in die WG ziehe, haben wir nochmal eine richtige Besichtigung gemacht und alles inspiziert. Danach hab ich dann gesagt: „Hannah, könnten wir so ein zwei Sachen ändern?“ Und okay, einiges mussten wir echt dringend ändern.
Was musstet ihr denn ganz dringend ändern?
Elisabeth: Die alte Mitbewohnerin von Hannah hat ein paar Sachen dagelassen. Im Flur hing zum Beispiel so ein Mobile und das erste, was ich dazu gesagt habe war: „Hannah, ist das deins? Nein. Okay, kann das weg, das ist echt hässlich?“ Und sie: „Klar, das kann weg.“ So war es einfach, einige Sachen auszusortieren.
Und wann ist Norbert dazugekommen?
Elisabeth: Der war schon vor uns hier.
Hannah: Ja, als ich eingezogen bin, ist er schon gelegentlich auf den Balkon gekommen. Ich habe dann irgendwann angefangen, ihn zu füttern und ihm Nüsse rauszulegen. Es hat dann so ein Jahr, anderthalb gedauert, bis er zutraulich geworden ist. Und jetzt ist es tatsächlich so, dass man an die Scheibe klopfen kann, wenn Norbert uns auf dem Balkon besucht, und dann kommt er ans Fenster. Dann kann man das Fenster aufmachen und ihm eine Nuss rausgeben. Seitdem haben wir gesagt, wer auch immer diese Wohnung nach uns übernimmt, der muss auch dieses Eichhörnchen mit übernehmen.
Elisabeth: Er ist der Ehrenmitbewohner.
Norbert, was findest du am Zusammenleben mit Elisabeth und Hannah am besten?
Norbert: Die Nüsse. Und dass die beiden wissen, wo ihr Platz ist. Der Balkon ist mein Reich. Ich dulde sie dort aber sehr gerne, wenn sie für ausreichend Nüsse sorgen. Aber es sind natürlich nicht nur die Nüsse – ich habe sie auch gerne. Manchmal komme ich einfach vorbei und schaue ein bisschen durch die Fenster in ihre Zimmer, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist. Die machen immer so komische Sachen in bunten Klamotten. Dann hüpfen sie ganz viel. Ich glaube, ich habe den Namen Pamela Reif gehört, aber keine Ahnung, was das nun wieder bedeutet. Es sieht jedenfalls immer lustig aus. Es gefällt mir einfach, dass sie sich um mich kümmern wollen, auch wenn's natürlich andersherum ist. Ich vergrabe für die beiden ja immer Nüsse auf dem Balkon!
Was ist das hier für eine Hausgemeinschaft? Gibt's viele WGs?
Hannah: Ich glaube, wir sind einzige WG im ganzen Haus. Es ist hier sehr durchmischt.
Habt ihr ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn?
Elisabeth: Wir haben nicht viel mit den Nachbarn zu tun. Wir grüßen uns alle ganz nett, aber ich kenne wenige Nachbarn.
Hannah: Es ist nett, aber man kennt sich nicht.
Als ihr zusammengezogen seid, wie lange hat es gedauert, bis ihr ein richtig gutes Verhältnis hattet? Ist das Eis direkt gebrochen oder eher geschmolzen?
Elisabeth: Es hat schon so ein bisschen gedauert. Aber nicht mega lange. Ich hab halt auch ein bisschen Zeit gebraucht, um anzukommen. Ich hatte vorher eine sehr schöne WG-Zeit mit meiner ehemaligen Mitbewohnerin und die habe ich einfach vermisst. Es war komisch für mich, dass wir plötzlich nicht mehr zusammenleben. Es war nicht von Anfang an so wie es jetzt ist, aber wir haben uns immer gut verstanden. Es ist dann halt nur immer besser geworden.
Hannah: Das ist ja, glaube ich, auch normal. Es ist was anderes, wenn man plötzlich auf 50 Quadratmeter zusammenlebt. Du meintest immer: „Ich vermiss Inke!“ Mittlerweile ist das aber voll schön, weil Inke uns oft besuchen kommt und wir zum Beispiel zusammen Sport machen. Neulich Abend haben wir zu dritt ganz lange auf dem Balkon gesessen. Ich mag sie auch echt gerne.
Ihr habt ja auch während Corona zusammengewohnt und noch den letzten Lockdown light zusammen mitgemacht. Hat das das Zusammenwohnen erschwert?
Elisabeth: Ich sag mal so: In meiner vorherigen WG, da bin ich Ende 2019 eingezogen, hab ich die komplette Coronazeit mitgemacht. Deswegen fand ich das dann gar nicht mehr so schlimm. Ich hatte nicht die Wahrnehmung, dass uns das krass eingeschränkt hat. Vielleicht lag das aber auch daran, dass wir beide gerne mal unsere Ruhe haben. Und wir gehen einfach beide gerne mal nicht raus.
Hannah: Ich habe das auch gar nicht so schlimm empfunden. Es war nicht mehr der erste Lockdown, von daher war das dann alles gar nicht mehr so krass.
Welche Freizeitaktivitäten macht ihr zusammen?
Hannah: Alle! (lacht)
Elisabeth: Das ist kein Witz! Wir machen alles zusammen: Einkaufen, Sport, wir gucken zusammen Filme, gehen zusammen in die Stadt, gehen shoppen – was nicht oft vorkommt. Aber wenn doch, dann zusammen. Zum Beispiel gestern, ich wollte zur Lister Meile, Hannah ist mitbekommen.
Hannah: Wir haben uns auch neulich in der Mensa zum Mittagessen getroffen, wir hatten beide Praktikum und uns eigentlich nur seit drei Stunden nicht gesehen, aber dann muss man halt zusammen Mittagessen.
Elisabeth: In den Semesterferien hatten wir das auch mal, dass wir uns dachten: Okay, wir müssen heute nochmal rausgehen. Dann sind wir zur Uni gefahren, haben uns auf den Campus gesetzt und Uno gespielt und uns letztlich mit niemandem dort unterhalten. So unternehmen wir was zusammen (lacht).
Hannah: Und dabei ist es schon ein Wunder, dass wir uns nie nerven oder anzicken. Haben wir irgendwas vergessen?
Elisabeth: Ach, und wir kochen auch zusammen. Wir kochen und essen zusammen.
Richtig schön familiär bei euch. Was ist denn das Skurilste, was euch bisher passiert ist?
Elisabeth: Wir haben einen Nachbarn in diesem Haus, und der hat hörbar eine Partnerin. Er hat die anscheinend sehr gerne, was wir dann hören, weil es echt unnormal laut ist. Mittlerweile haben wir uns dran gewöhnt und denken: Naja, habt halt Spaß. Wie es halt so ist, wenn man frisch zusammen ist. Dann ist das an einem Wochenende eben fünfmal laut. Echt laut. Normalerweise hört man in dieser Wohnung nichts von den Nachbarn. Außer das!
Hannah: Mittlerweile lachen wir drüber. Aber es ist schon komisch, wenn es das einzige ist, was man von seinem Nachbarn mitbekommt.
Wenn ihr eine WG-Party macht, wie sähe die aus?
Elisabeth: Ist ein bisschen sad. Seitdem ich hier wohne hatten wir keine WG-Party. Ich glaube aber, die würde sehr geordnet ausgehen. Wir hätten nicht viel aufzuräumen am nächsten Morgen, weil wir das wahrscheinlich schon währenddessen erledigen (lacht). Wir sind einfach richtig ordentlich. Das würde einfach so eine kleine harmonische Party werden. Aber danach hätten wir einen harten Katertag, denn wir vertragen beide nicht so viel.
Hannah: Ich glaube, so eine riesen Abrissfete, das würde auch einfach nicht so gut zu uns passen.
Okay, zum Schluss noch ein paar schnelle Fragen: Bier- oder Wein-WG?
Hannah: Weder noch.
Elisabeth: Fritz-Cola-WG!
Team Putzplan oder räumt hier jeder selbst auf?
Hannah: Das macht jede selbst.
Elisabeth: Wir brauchen das gar nicht. Wir haben einfach einen ähnlichen Anspruch an Ordentlichkeit.
Wenn ihr eure WG in drei Worten beschreiben müsstet?
Elisabeth: Harmonisch, sauber und fürsorglich. Wir klingen ein bisschen wie zwei Omas, aber wir sagen manchmal auch, wir sind die Granny-WG.
Hannah: Ich bin bei Elisabeths Beschreibung dabei.
Ihr habt jetzt so oft Harmonie gesagt, dass ich doch nochmal fragen muss: Gibt es gar nichts, was euch am jeweils anderen stört?
Elisabeth und Hannah: Nein!
Hannah: Vielleicht fragst du nochmal in einem Jahr (lacht). Aber ich glaube, bei uns ist das Gute, das wir einfach alles kommunizieren. Und wenn man mal schlechte Laune hat, spricht man das direkt an. Wenn man alles kommuniziert, ist auch alles cool.
>> Interview: Jennifer Kramer
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