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Die besondere Dozentin: Prof. Dr. Annika Schach | Zurück



Annika Schach hat im Rheinland Sozialwissenschaften studiert und dann direkt in der Praxis gearbeitet – in Agenturen und Unternehmen. Sie wollte eigentlich nie wieder zurück an die Universität und hat auch keinesfalls daran gedacht zu promovieren. Sie hatte einfach Lust zu arbeiten. Doch nach ein, zwei Lehraufträgen in Hamburg hat sie festgestellt, dass ihr die Lehre sehr viel Spaß macht – Wissen weiterzugeben und das Wissen mit der Praxis zu verbinden. Umgekehrt haben die Studierenden in Hamburg es sehr zu schätzen gewusst, jemanden aus der Praxis vor sich zu haben. Daraufhin hat sie neben dem Beruf promoviert, also unter der Woche Vollzeit gearbeitet und am Wochenende und an den Abenden unter der Woche an der Promotion geschrieben. 2013 ging es dann für eine Vertretungsstelle an die Hochschule Hannover, 2017 folgte die Berufung auf die Stelle als Professorin. Parallel ist Annika Schach heute selbstständig mit ihrer Agentur segmenta futurist:a, ein Praxisbezug, der auch für die Lehre wichtig ist, denn im Bereich der Kommunikation geht die Entwicklung ständig weiter, die Strategien und Arbeitsprozesse verändern sich kontinuierlich. Annika Schach ist mit diesem Standbein in der Praxis immer auf der Höhe der Zeit. Und entsprechend ist ihre Expertise gefragt, nicht nur bei Studierenden…

Sie waren kurzzeitig auch Pressesprecherin des ehemaligen Oberbürgermeisters Stefan Schostok. Noch so eine besondere Station in Ihrem Lebenslauf. Neue Jobs, verschiedene Aufgaben, unterschiedliche Praxiserfahrungen – ist das Neugierde?
Ich kann mich einfach wahnsinnig für Themen begeistern und fange schnell Feuer für neue Themen. Das finde ich spannend, man lernt ja mit jeder Aufgabe Neues dazu. Aber oft liegt das „Weiterziehen“ natürlich auch einfach darin begründet, dass viele Stellen auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt sind. Das galt zum Beispiel für die Stelle bei der Stadt Hannover, das galt ursprünglich auch für meine Vertretungsstelle an der Hochschule.

Sie haben „nebenbei“ auch noch Familie? 
Ja, ich bin verheiratet und wir haben zwei Töchter, 9 und 12 Jahre alt.

Wie funktioniert das neben der vielen Arbeit? 
Ich habe keine Hobbys, sondern die Kinder (lacht). Im Ernst, die flexiblen Arbeitszeiten erleichtern es mir natürlich sehr. Ich kann frei entscheiden, wann ich lehre. Das wäre in einem Angestelltenverhältnis natürlich völlig anders. Und auch die Semesterferien sind hilfreich bei sechs Wochen Sommerferien. Ich habe in diesen sechs Wochen wirklich Zeit für meine Kinder, ich kann mir die Zeit einfacher nehmen. Wobei ich das hier nicht zu rosig malen will, wir lehren an der Hochschule etwa doppelt so viele Stunden als an der Universität.

Wie ist Ihr Verhältnis zu den Studierenden? 
Ich kenne fast alle Studierenden recht gut, wir haben ja nur kleine Jahrgänge in unserem Studiengang. Damit verbunden ist natürlich eine gewisse Qualität in der Zusammenarbeit. Ich mag es, sie sehr nah begleiten zu können. Es ist schön zu sehen, wie sich die Studierenden in den Semestern entwickeln. Und wenn es um die beruflichen Perspektiven geht, bin ich dazu sozusagen auch noch Coach. „Was kann ich gut?“, „Worauf habe ich Lust?“, das sind zentrale Frage, die ich mit den Studierenden thematisiere. Ich werde natürlich auch viel von Studierenden angesprochen, ob ich passende Unternehmen oder Stellen für sie im Kopf habe. Ich glaube, im nächsten Leben werde ich Personalvermittlerin (lacht).

Lassen Sie sich siezen oder wird geduzt? 
Grundsätzlich sieze ich alle meine Studierenden. Umgekehrt ist das genauso. Das Du biete ich ihnen erst an, wenn sie ihr Studium abgeschlossen haben.

Haben Sie ein „Supertalent“ in Erinnerung, das bei Ihnen studiert hat? Student*innen, die Ihnen wirklich im Gedächtnis geblieben sind? 
Da gibt es einige, die es in wirklich tolle Positionen geschafft haben. Oft merkt man schon in den ersten Semestern, welche Studierenden Biss haben und sich durchsetzen können. Aber auch bei den Überfliegern läuft nicht immer alles glatt. Die fangen teilweise Stellen an, in denen sie sich dann doch nicht wiederfinden. Was wiederum ebenfalls lehrreich sein kann. Man muss ja auch mal anecken, das gehört dazu.

Sind sie eher streng in der Lehre?
Ich müsste wahrscheinlich strenger sein. Aber ich bin schon eine Freundin von Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit, besonders wenn wir Gastdozierende haben und die Studierenden in kleinen Gruppen arbeiten. Das ist dann eine Sache des Respekts, pünktlich zu erscheinen. Aber insgesamt würde ich mich nicht als wahnsinnig streng ansehen. Und auch bei meiner Bewertung lege ich eher Wert darauf, ein ausführliches Feedback zu geben und nicht einfach nur die Note unter eine Abgabe zu schreiben. Denn schlussendlich ist diese Rückmeldung so viel wichtiger als eine Note. Gerade wenn eine Prüfungsleistung wirklich mal danebengegangen ist und die Studierenden sich fragen: „Was kann ich beim nächsten Mal anders machen?“

Wie würden Sie das Niveau Ihrer Studierenden beschreiben? 
Wir haben schon viele gute Leute in unserem Studiengang. Das ist vielleicht ein bisschen anders als an privaten Hochschulen. Bei uns zählt, was jemand mitbringt. Auf 60 Plätze kommen bei uns mehr als 600 Bewerbungen, da wird dann im Vorfeld ausgesiebt. Es gibt aber auch Studierende, die kein Abitur haben oder in der Praxis gearbeitet waren. 

Haben sich die Studierenden verändert in den vergangenen Jahren? 
Oft ist ja bei der jetzigen Generation von „Digital Natives“ die Rede. Und klar, die jungen Menschen wissen heutzutage, wie man mit einem Handy umgeht. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie auch digital kompetent sind. Ich glaube, die Studierenden haben ganz gut auf dem Schirm, dass sie mit ihrem Studium auf jeden Fall einen Job finden. Das macht sie vielleicht etwas sicherer als die Studierenden vor zehn Jahren. Uns hat man früher im Soziologiestudium erzählt, dass wir später alle Taxi fahren werden. Ich habe sehr viele Praktika gemacht und immer gedacht, dass ich mich auf allen Ebenen weiterbilden muss, um später irgendwo genommen zu werden. Das ist heute anders. Teilweise werden Studierende aus dem Studium heraus gecastet.

Interessieren sich Studierende heute für andere Themen? 
Ja, ganz klar. Es geht zunehmend um Themen wie Nachhaltigkeit und Diversität. Das sieht man auch immer an der Themenwahl bei den Bachelorarbeiten. Momentan liegen Influencer Marketing und Diversity hoch im Kurs. Und ich glaube, die Studierenden achten mittlerweile schon sehr darauf, dass sie später für Unternehmen oder Agenturen arbeiten, in denen sie hinter ihrer Arbeit auch wirklich einen Sinn sehen. Da arbeitet niemand für ein wenig nachhaltiges Unternehmen, nur weil das eventuell einen großen Namen hat. Ich finde das sehr gut. Und blicke darum auch positiv in die Zukunft. Gerade dieses Interesse an gesellschaftlichen Themen wie Vielfalt und Chancengleichheit, aber auch in Richtung Klima etc., das macht mich zuversichtlich.

Was versteht man eigentlich genau unter Public Relations? 
Die schlichte deutsche Übersetzung ist Öffentlichkeitsarbeit. Im Grunde geht es also um alle Beziehungen, die Unternehmen oder Organisationen mit verschiedenen Stakeholdern haben. Und dann geht es konkret darum, wie man diese Beziehungen pflegt, zum Beispiel mit Pressearbeit, die heutzutage sehr viel mehr Bereiche umfasst als das früher noch der Fall war. Dazu zählen auch Eventmanagement und alle digitalen Kommunikationswege, die immer breiter und vielfältiger werden. Auch das Schreiben von Konzepten, also Strategien, macht einen Großteil der Arbeit aus. Diese Beziehungen nach außen sind der eine, wichtige Teil. Fast noch wichtiger ist es aber, die eigenen Mitarbeitenden abzuholen. Wenn nicht richtig informiert und kommuniziert wird, dann macht das die Arbeit unternehmensintern deutlich schwerer und deutlich weniger erfolgreich.

Viele Unternehmen setzen ja darauf, der Presse möglichst druckfertige Texte zu liefern, wohl wissend, dass oft nicht die Zeit da ist, genauer zu recherchieren. Public Relations gerät dann zur simplen Werbestrategie, ein Stichwort in diesem Zusammenhang wäre beispielsweise Greenwashing. Werden solche Strategien auch gelehrt? 
Nein, ganz ähnlich wie es einen Pressekodex gibt, gibt es ja für den PR-Bereich Selbstverpflichtungen, wozu unter anderem zählt, dass man wahrheitsgemäß berichtet oder nicht in die Pressefreiheit eingreift. Und aus meiner Sicht können es sich die Pressestellen von Unternehmen auch einfach gar nicht leisten, Journalisten etwas zu „verkaufen“. Das würde sich herumsprechen und Beziehungen zu Journalisten sind ja meistens langfristig aufgebaut, da geht es auch um gegenseitiges Vertrauen. Wir sind also sehr darauf bedacht, berufsethisch korrekt zu lehren.

Haben Sie selbst mal bei einem Auftrag ethische Konflikte gehabt und diesen dann nicht angenommen oder abgebrochen? 
Grundsätzlich sollte man aus meiner Sicht hundertprozentig hinter dem stehen, wofür man tagtäglich arbeitet. Wenn das nicht gegeben ist oder man irgendwelche Zweifel hat, dann sollte man gehen oder ein Angebot gar nicht erst annehmen. Viele machen das nicht und das finde ich problematisch. Denn um stellvertretend gut zu kommunizieren, sollte man persönlich keine Bedenken haben. Als mein Chef, der damalige Oberbürgermeister, gegangen ist, bin ich auch gegangen. Einfach weil ich nicht wusste, wer danach kommt. Gerade bei solchen vertrauensvollen Stellen muss die Zusammenarbeit passen. Das versuche ich auch meinen Studierenden mitzugeben. Achtet auf die Führungsetage, schaut, dass ihr einen Chef habt, der euch fördert, bei dem ihr etwas lernt. Das ist überaus wichtig für den Job.

Gibt es in Unternehmen Schnittstellen zwischen der PR und anderen Abteilungen? 
Definitiv gibt es Schnittstellen zwischen der Pressearbeit und der Personalarbeit. Der ganze Bereich „Employer Branding“ ist eine wichtige Kommunikationsaufgabe. Man konkurriert ja um die besten Köpfe. Darum sitzen immer mehr Personalverantwortliche in den Runden, wenn es um die Unternehmenskommunikation geht.
Haben sie im Laufe ihrer Karriere auch mal Lust gehabt, journalistisch zu arbeiten? 
Während ich studiert habe, bin ich lange davon ausgegangen, dass ich später mal Journalistin werde. Zu der Zeit habe ich auch für die Westdeutsche Zeitung in der Krefelder Lokalredaktion gearbeitet und anderthalb Jahre Lokalberichterstattung gemacht. Aber mein Interesse an lokalen Themen war dann doch eher begrenzt. Lange her, damals habe ich fertige Artikel auch noch an die Redaktion gefaxt.
Wie hat sich dann die Richtung PR ergeben? 
Der Zufall hat mich nach meinem Studium in eine kleine PR-Agentur nach Köln verschlagen, die haben Öffentlichkeitsarbeit für die Kunst- und Kulturbranche gemacht. Da habe ich mich total wiedergefunden.

Noch einmal zurück zu den Veränderungen in der PR-Branche, gelingt es immer, den permanenten Wandel in die Lehre zu integrieren? 
Das ist definitiv die Herausforderung. Wobei das Kolloquium ohnehin alle sieben Jahre aktualisiert werden muss. Und spätestens dann bietet sich die Gelegenheit, manche Veranstaltungen rauszunehmen und ein paar neue zu etablieren. Zum Beispiel gab es 2013 im Rahmen meiner Veranstaltung „Presse und Medienarbeit“ das ganze Influencer-Thema noch gar nicht. Im digitalen Raum sehen wir wirklich sehr schnelle Entwicklungen.

Wie findet denn die Kommunikation mit den Studierenden statt? Auch über WhatsApp oder über Mail…?
Hauptsächlich über Mail. Und momentan natürlich noch einmal mehr. Klar ist es in der Präsenzlehre schöner. Man kann nach dem Seminar einfach kurz das persönliche Gespräch suchen. Aber das ist gerade leider wenig drin. Mit manchen Ehemaligen habe ich tatsächlich auch Kontakt über die üblichen Social-Media-Plattformen, man schreibt dann manchmal auf Instagram. Oder ich werde über ihre Unternehmen-Accounts angeschrieben. Es ist schön, auf diese Weise in Kontakt zu bleiben und mitzubekommen, was sie aktuell so machen.

Was meinen Sie, was ihre Studierenden über Sie sagen?
Ich hoffe, nur Gutes. Ich denke, sie schätzen vor allem, dass ich ein großes Netzwerk in die Praxis habe und eben auch die aktuelle Praxis mit ins Studium einbringe. Und dazu, dass ich für alle möglichen Themen ansprechbar bin, seien es Fragen zum Praktikum oder zum Berufseinstieg. Mir ist auch wichtig, meine Lehrveranstaltungen ansprechend zu gestalten. 

Sie dürfen sich jetzt auch „Professor des Jahres 2021“ nennen.
Das ist eine Auszeichnung der UNICUM Stiftung. Ich habe den dritten Platz in der Kategorie Geistes-/Gesellschafts-/Kulturwissenschaften gewonnen. Was mich gefreut hat, denn es ist einer der wenigen Preise, der das Engagement für Studierende in der Lehre würdigt. Und ja, es heißt „Professor des Jahres“. Das wurde bisher nicht geändert.

Das wäre die nächste Frage gewesen. Passt vielleicht ganz gut – nutzen Sie auch manchmal Negativ-Fallbeispiele aus der Praxis? PR, bei der alles schiefgelaufen ist? 
Wir haben uns zuletzt Diversity-Kampagnen von Unternehmen angeschaut. Die Studierenden hatten den Auftrag, Kampagnen zu recherchieren, die sie entweder gut oder eben total schlecht fanden. Und klar, wir haben dann die schlechten Kampagnen auseinandergenommen. 

Gibt es Schnittstellen zur Presse? Sind die Tageszeitungen ein Thema?
Ich bin früher ab und an mal mit den Studierenden die BILD-Zeitung durchgegangen. Weil ich sie unter anderem auch damit konfrontieren wollte, was so eine ganze Seite Anzeige kostet und wie Themen bearbeitet werden. Aber das habe ich irgendwann gelassen, weil ich dafür immer einen ganzen Stapel BILD-Zeitungen kaufen musste. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, das zahlt aufs falsche Konto ein (lacht). Für die Veranstaltung „Presse und Medienarbeit“ lade ich mir regelmäßig gerne Journalistinnen oder Journalisten ein, die dann aus der Praxis erzählen, damit die Studierenden einen Eindruck von den Abläufen bekommen. Und davon, wann es Sinn ergibt, in Redaktionen anzurufen. 

Ganz zuletzt noch ein bisschen privater – wie sieht ein Arbeitstag einer Professorin aus, wann stehen Sie auf und wann gehen Sie ins Bett?
Ich stehe leider immer viel zu früh auf, gegen viertel nach sechs, weil meine Töchter in die Schule müssen. Und ins Bett gehe ich zwischen 23 und 24 Uhr. Wenn ich die Wahl habe, schlafe ich aber richtig lange aus, am Wochenende gerne und ohne mit der Wimper zu zucken bis 11 Uhr.

» Interview: LAK


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