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Die Hölle auf Erden: Unter Männern | Zurück

Scheiße passiert einfach. Eine gute Freundin fragt dich, ob du am Samstag ein bisschen Zeit hast, um bei ihrem Umzug zu helfen. „Ein paar Männer könnte ich noch ganz gut gebrauchen“, sagt sie. Du bist ein Mann, klar hast du Zeit. Und du stehst pünktlich auf der Matte. Aber nicht so pünktlich, wie du gedacht hast. Nein, du bist nicht der erste und nicht der einzige Mann. Was auch klar war, sie hat ja von ein paar Männern gesprochen. Aber neben dir noch sieben an der Zahl?

Und sie sehen alle so hochmotiviert aus. Manche haben sogar Arbeitshandschuhe dabei. Sie sind laut. Sie erzählen sich gegenseitig Umzugsgeschichten. Der eine am Fenster zieht die ganze Zeit den Bauch ein, das kann man sehen. Deine gute Freundin lacht über die Heldengeschichten. Noch zwei Freundinnen gesellen sich zu der Runde. Sie lachen ebenfalls über die Geschichten. Die Männer übertrumpfen sich gegenseitig mit ihren Anekdoten. Einer hat mal ganz allein einen Umzug, komplette Wohnung, aus dem vierten Stock in einen dritten Stock „gewuppt“. Beeindruckend. Aber auch irgendwie traurig. Der Typ scheint keine Freunde zu haben. 

Dann geht es los. Die Männer springen auf. „Federnd“, ist das Wort, dass dir durch den Kopf geht. Sie springen „federnd“ durch die Zimmer, wie ein Boxer im Ring, der seinen Gegner stellen will. Für die Männer ist der Gegner das schwerste Möbelstück, das diese Wohnung zu bieten hat. Nein, nicht zu zweit! Der Mann mit dem eingezogenen Bauch lächelt dich über die Kommode hinweg mitleidig an, ehe er sich den Koloss grunzend auf die Schulter legt und losrennt. Hat der gefurzt? Du bist dir sicher, dass er gefurzt hat. Es riecht für einen Moment unangenehm. Ein anderer Mann zieht sein T-Shirt aus.

Es gibt keine Kette. Es ist der dritte Stock. Warum gibt es keine Kette? „Kette ist was für Mädchen“, sagt einer. Gelächter. Auch deine gute Freundin lacht. Du schnappst dir einen Blumenkübel mit einem recht großen Gummibaum. Ist nicht schwer, sieht aber wenigstens groß aus. Im Treppenhaus wirst du von zwei Männern überholt. „Wir wollen auch irgendwann fertig werden“, sagt einer. Unten stellst du den Gummibaum vor den Umzugswagen. Es wird sehr laut gestritten. Es geht um die richtige Anordnung der Möbel. Und zwei Expertisen kollidieren hier frontal. Der eine hat während des Studiums als Möbelpacker gearbeitet. Der andere hat schon zig Umzüge gemacht. Die Diskussion wird allerdings wenig fachlich geführt. „Wer hat denn den scheiß Gummibaum hier hingestellt?“, fragt ein anderer. „Die Blumen immer erst zum Schluss, das weiß man doch!“

Du gehst zurück in die Wohnung. Hinter dir verstummt der Streit. Vielleicht hat der eine einfach den anderen erschlagen … Der Mann mit dem eingezogenen Bauch kommt dir entgegen. Er hat eine Waschmaschine geschultert. „Diese modernen Dinger wiegen echt gar nichts mehr“, sagt er im Vorbeigehen. Du nickst zustimmend. Und überlegst, ob deine gute Freundin wohl belegte Brötchen gemacht hat. Dein Magen knurrt. Die Wohnung ist schon leer. Du schnappst dir deine Jacke. Deine gute Freundin schließt ab und rennt eilig an dir vorbei. „Die neue Adresse kennst du ja. Bis gleich! Ich muss im Umzugswagen mitfahren“, ruft sie dir über die Schulter zu. Im Treppenhaus duftet es leicht nach Männerschweiß. Unten ist niemand mehr. Nur der Gummibaum steht verlassen auf dem Bürgersteig. Du packst ihn auf deinen Gepäckträger. Und an der neuen Adresse trägst du ihn in den dritten Stock. Es gibt keine Kette. Du wirst von zwei Männern überholt. Oben angekommen essen alle belegte Brötchen. Es ist keins mehr übrig. Es ist die verdammte Hölle auf Erden.

» JB

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