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Der besondere Studi-Job: Gärtner im Schulbiologiezentrum | Zurück

Paul Pusch kann die Früchte seiner Arbeiten ernten. Der 24-Jährige studiert Landschaftsarchitektur und Umweltplanung und arbeitet nebenbei als Gärtner im Schulbiologiezentrum in Burg. Hier hat er auch seine Ausbildung zum Staudengärtner gemacht. 

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Gärtnern? Das kann doch jede*r!
Denkste (lacht). Das habe ich schon oft gehört. Aber da gehört schon ein bisschen mehr dazu. Gerade, wenn es darum geht, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Umweltfaktoren zu verstehen, botanische Namen zu kennen oder anhand der Morphologie einer Pflanze zu erkennen, wo sie herkommt, wie man sie verwenden kann, wie man sie vermehrt und verkauft. Ich würde behaupten, das kann nicht jede*r. Aber ich muss dazu sagen, dass man sich viel aneignen kann. Ich meine, wie viele Großmütterchen und Großväterchen gibt es da draußen, die ihren Schrebergarten pflegen, ohne eine Gärtnerlehre gemacht zu haben. Also: Hobbygärtnern können viele, Profigärtnern nicht so viele. 

Wie bist du an diesen Job gekommen?
Ich bin so ein kleiner Sonderfall. Ich habe im Schulbiologiezentrum auch meine Ausbildung absolviert. Und nach der Ausbildung darf man auch noch zwei Jahre länger bei der Stadt bleiben. Ich befinde mich gerade in so einem Übergangsjahr. Ich habe das mit meinem Arbeitgeber so verhandelt, dass ich meine Stunden reduziere, als Werkstudent angemeldet bin und jetzt erstmal vorläufig bis Mitte Juli bleibe, bis zum Vertragsende.

Was ist das Schulbiologiezentrum (SBZ) überhaupt? 
Das Schulbiologiezentrum Hannover in Burg – es gibt auch eins am Lindener Berg – ist eine Umweltbildungs- und Fortbildungseinrichtung mit dem Schwerpunkt, Lerninhalte an junge Kinder und heranwachsende Schüler*innen und aber auch Lehrer*innen zu vermitteln. In ganz vielen, verschiedenen Richtungen. Es gibt zum Beispiel Kurse in unserem Gemüsegarten für die Kleinsten. Die sähen dann Gemüse aus, ernten das später und kochen damit. Aber auch Waldexpeditionen mit Lehrenden oder unserem Botaniker. Bei diesen Expeditionen werden Umweltschutz- und Natursachverhalte dargestellt und besprochen. Und wir haben eben auch eine Stauden- und Zierpflanzengärtnerei. Hier werden für Schulen und Kindergärten Pflanzen produziert. 

Was machst du den lieben langen Tag als Gärtner im SBZ? 
Das ist total unterschiedlich. Es fallen viele verschiedene Aufgaben an. Zum Beispiel arbeite ich zusammen mit unserem Botaniker Jörg an seinem Genetik-Bereich. Das SBZ ist in verschiedene Bereiche aufgeteilt, die unterschiedliche Namen haben. Und ein großer Bereich ist der Genetik-Bereich. Das sind quasi Schaubeete, die zum Beispiel die Pflanzenevolutionsgeschichte vereinfacht darstellen, zeigen, wie Pflanzen ihre Samen verbreiten oder wie unterschiedlich Tomaten aussehen können. Hier wechsle ich mit Jörg Pflanzen aus, überlege, was ergänzt werden kann, jäte Unkraut – solche Sachen. Und weil ich ja jetzt Landschaftsarchitektur und Umweltplanung studiere, zeichne ich auch digitale Pläne vom Gelände, die in der Umsetzung von neuen Projekten unterstützen sollen. 

Also kannst du Inhalte aus dem Studium direkt auf der Arbeit anwenden?
Ja. Dadurch, dass ich im Studium lerne, mit dem Programm Vectorworks umzugehen und damit digitale Pläne zeichne, kann ich das jetzt auch auf der Arbeit machen. Da erstelle ich Pläne für neue Projekte, die vielleicht umgesetzt werden. Aber auch umgekehrt: Meine Ausbildung zum Gärtner und die Arbeit hilft mir im Studium weiter. In meiner Ausbildung habe ich ja einiges über die Umwelt gelernt. Daher kenne ich einige Vorlesungsinhalte schon. Pflanzenverwendung ist ja auch in der Landschaftsarchitektur ein Ding. In diesem Bereich bin ich eben kein Neuling. Ich weiß, was Stauden sind, ich weiß, wie man die verwendet, ich weiß ungefähr, was es für Bäume gibt. Deswegen werden mir auch einige Klausuren angerechnet.

Was ist das Herausforderndste an deinem Job?
Bei Wind und Wetter immer draußen sein, ist so ein Ding. Klar hat man kein Bock, bei minus ein Grad nach draußen zu gehen und neue Wege anzulegen oder Pflanzen rauszunehmen, die nicht in den vorhandenen Waldtyp gehören. Aber man gewöhnt sich irgendwie dran. Und einem wird ja warm, wenn man sich bewegt. Herausfordernd ist vielleicht auch die Kommunikation. Gerade in meinem Sonderfall ist das manchmal ein bisschen schwierig, seine 12 Stunden so zu takten, dass man dann auch nützlich ist, wenn man da ist. 

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Was ist das Tollste an deinem Job?

Auch bei Wind und Wetter draußen sein. Genauso, wie das herausfordernd sein kann, ist das auch sehr schön. Vor allem im Sommer. Da beneide ich auf keinen Fall die Leute, die zwar im Winter drinnen sitzen können, aber eben auch im Sommer. Ich bin draußen an der frischen Luft. Man entdeckt so viel und jedes Jahr ist alles irgendwie anders, wenn man mal so ein bisschen genauer hinschaut. Auch wenn man vermeintlich meint, den Strauch sehe ich schon seit fünf Jahren – aber wenn man dann genauer hinguckt, passiert da viel mehr als man denkt. Das ist schön. 

Pflanzen ziehen sich ja durch deinen Werdegang. Woher kommt deine Liebe zu den Pflanzen?
Nach meinem Abitur hatte ich keinen Plan, wohin die Reise gehen soll. Ich glaube, mein Opa hat mich ein bisschen auf diesen Trichter gebracht, weil wir einen großen Garten haben und der sehr gartenbegeistert ist. Das ist vielleicht so ein bisschen auf mich rübergeschwappt. Nach meinem Abitur stand ich dann vor der Frage: Wohin mit mir? Ich habe angefangen, in einer Baumschule zu arbeiten. Erstmal, um ein bisschen Knete zu verdienen. Und dann fand ich das richtig gut. Ich habe auch immer das Gefühl, dass man damit einen Beitrag leisten kann für den Natur- und Umweltschutz. Besonders im Zuge der Krisen, die ja nicht aufhören, sondern immer stärker werden. 

Warum findest du es so wichtig, einen Beitrag zu leisten? 
Na ja, die Ausrottungsrate von vielen Arten und Biotopen war noch nie so hoch wie jetzt im 21. Jahrhundert. So viele Tierarten sterben pro Jahr aus, weil ihr Lebensraum zerstört wird. Das ist vielleicht ein bisschen groß gedacht, aber dem Artensterben und dem Verlust von Biodiversität kann man im kleinen Maßstab versuchen entgegenzuwirken. Wenn man weiß, wie Biotope funktionieren, welche Pflanzen wichtig sind, welche Tiere in welchen Strukturen vorkommen und leben. Dann kann man vielleicht einen kleinen Beitrag leisten.

Was ist deine Lieblingspflanze? 
Ich finde ja per se erstmal Pflanzen gut, die tatsächlich einen Beitrag für den Natur- und Umweltschutz leisten. Oder die gut sind für die Wildbienen. Ich finde zum Beispiel Glockenblumen toll. Es gibt eine Glockenblumenart, die Campanula rotundifolia, die nur von 24 Wildbienenarten angeflogen wird. Diese 24 Wildbienenarten ernähren sich ausschließlich von den Samen und Pollen dieser einen Pflanzenart. Das finde ich schon ziemlich faszinierend. Diese Pflanze kann also einen großen Beitrag dazu leisten, den Erhalt von Wildbienen zu fördern. Die wächst auch bei uns im SBZ. 

Was kann man im SBZ noch so entdecken? 
Mega viel! Wir sind ein öffentlicher Park, also auch für jeden zugänglich. Im Grunde sind wir hinter dem Berggarten, nur kennen uns leider nicht so viele. Aber bei uns ist es wirklich schön, besonders zwischen Mai und Oktober. Da ist alles grün, es blüht alles und man kann sehr viel entdecken. Wir haben ganz viele unterschiedliche, spannende Pflanzen, einige Zitruspflanzen und andere Exoten, die nach dem Winter rausgestellt werden, einen Apothekergarten, in dem verschiedene Heilpflanzen wachsen, mehrere Bienenvölker, Anlagen, aus denen verschiedene ökologische Experimente hervorgehen, einen Wald, ein bisschen Wasser – total viel. Das Gelände ist wirklich groß. Tiere gibt’s auch. Zum Beispiel Eulen. Oder Hühner, Gänse, und zwei Pfauen, die auf dem Gelände rumlaufen. Aber passt auf euer silberglänzendes Auto auf. Wenn der Pfau sich in der Spiegelung sieht, denkt er, da ist ein anderes Männchen und geht auf Attacke. Wir haben aber auch ein Schild ganz vorne am Eingang: „Passt auf eure Autos auf“ (lacht). 

Kannst du dir vorstellen, auch einen anderen Job zu machen? Bock auf Gastro?
Nein. Ich habe einmal sowas Ähnliches gemacht und das hat mir nicht so gefallen (lacht). Aber im Ernst: Ich fühle mich momentan hier so wohl und es zeichnet sich auch ab, dass ich hier vielleicht länger bleiben kann. Warum sollte ich dann wechseln, wenn es mit meinem Studium vereinbar ist? Das ist mittlerweile mein viertes Jahr im SBZ. Ich kenne das Team und die kennen mich. Das kollegiale Miteinander und die Arbeitsatmosphäre ist einfach schön.

Letzte Frage: Ich habe zu Hause so eine Monstera, die sieht ein bisschen schlapp aus. Was mache ich denn da?
Da musst du eine*n Zierpflanzengärtner*in fragen. Oder Google. Ich werde ziemlich oft gefragt, ob ich Zimmerpflanzen retten kann. Ich glaube, das ist ein Ding. Es ist im Grunde das gleiche, wenn Leute Physiotherapeuten sind. Die kriegen wahrscheinlich auch jeden zweiten Tag zu hören: Kannst du mich mal massieren? Ich kann deine Monstera auch massieren, aber ich bin eher der Masseur für den Garten, der draußen stattfindet und nicht für den Garten in deinem Zimmer. Von daher kann es sein, dass ich die falschen Punkte treffe und die dann vielleicht abschmiert. Aber gut, Monsteras – halbschattig, keine direkte Sonne und frische Erde.

>> Text und Fotos: Jule Merx

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