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Das verpasste Interview... mit (ohne) Christian Lindner | Zurück

Das war echt einfach. Kurzer Anruf, nettes Gespräch, unkomplizierte Terminabsprache. Wir so: „Junges Magazin, sehr liberal.“ Die so: „Okay, gerne nächste Woche, der Finanzminister nimmt sich zwei Stunden Zeit.“ Wie geil. Wir und der Finanzminister … Aber dann die Diskussion. Wie kommt man nach Berlin? Erste Möglichkeit: Man leiht sich den Porsche vom Chef. Und der ist nicht abgeneigt, er würde ihn gerne zur Verfügung stellen, das wäre ja auch ganz passend, der Lindner würde ein ganz ähnliches Modell fahren und man solle schön grüßen. Aber dann die üblichen Verdächtigen, die in der Redaktion rumlungern, wenn sie sich nicht gerade auf irgendeiner Straße festgeklebt haben. Ihr könnt doch nicht mit dem Porsche nach Berlin fahren, was das an CO₂ in die Welt bläst, solche Strecken müssen angesichts des Klimawandels unbedingt mit der Bahn gefahren werden. Mimimi ... Aber gut, dann halt mit der Bahn. Schön artig, zweite Klasse. Man nimmt extra einen früheren Zug, damit auch ja nichts schief geht. Und dann geht alles schief. Irgendein Schaden an irgendeiner maroden Weiche, drei Stunden Rumstehen in der Pampa, ganz schlechter Empfang – und schließlich ist man dann doch in Berlin, aber der Finanzminister ist längst auf dem Weg nach Brüssel, wahrscheinlich mit seinem Porsche. Noch schnell ein Snack am Bahnhof, dann geht es auch schon pünktlich zurück nach Hannover. Ohne Interview. Schade. Das wäre ganz großes Kino gewesen. Aber lest selbst …

Lindner_cClausKuhn_Pixabay

Herr Lindner, super, dass das so schnell und unkompliziert geklappt hat. 
Wir können uns ruhig duzen. Wir sind ja alle noch ungefähr ein Alter. Also gefühlt.

Okay, dann also Christian. Wir freuen uns, dass Sie sich die Zeit nehmen ... Dass du dir die Zeit nimmst.
Ist doch klar. Kein Ding. Wollt ihr was trinken? Hübsches Kostüm, übrigens. Und die Perlenohrringe passen sehr schön dazu. Studierst du Jura?

Ich denke gerade noch drüber nach. Ich würde einen Kaffee nehmen.
Und du, junger Mann?

Ich studiere Journalismus.
Nein, was du trinken willst?

Ach so, dann auch einen Kaffee.
Bestelle ich mal eben nebenan. Kommt sofort. 
(Lindner geht zur Tür und ordert Kaffee.) 

Herr Lindner …
Christian!

Christian, wir haben hier ein paar Fragen vorbereitet, sollen wir mal loslegen?
Ich kann es kaum erwarten. 

Du bist ja schon total früh ins Berufsleben gestartet …
Ja, als freiberuflicher Unternehmensberater. Und ich war im Stromhandel tätig. Ich wollte immer was machen aus meinem Leben, etwas unternehmen. Geld verdienen. Mein Leben in die Hand nehmen. Karriere machen. So ein Porsche finanziert sich ja nicht von allein. Ich habe mit 19 Jahren meinen ersten Porsche gekauft, das war ein gebrauchter Boxster 2,5 in Schwarz von meinem ersten selbst verdienten und versteuerten Geld. Träumchen!

Und was fährst du heute?
Ich fahre privat einen Porsche 911 SC. Cooles Gerät. Da schlägt mein Herz immer ein bisschen schneller, wenn ich einsteige. 

Teurer Spaß, oder?
Ja, muss man sich leisten können.

Kommt da noch mehr? Was steht noch auf dem Wunschzettel?
Ein Mercedes 300 SEL 6.3, ein BMW M635 CSi, ein Porsche Turbo und ein Ferrari 360 Spider.

Können die alle mit e-Fuels fahren?
Davon gehe ich aus. Diese Technik ist ja mitnichten Zukunftsmusik, die brauchen nur noch ein wenig Feinschliff. Und dann sind sie auch hilfreich bei der Klimakrise, davon bin ich sehr überzeugt.

Da haben viele Wissenschaftler aber eine ganz andere Einschätzung.
Wissenschaftler können sich auch mal irren. 

Was sagst du denn zu dem Klischee, dass Männer dazu neigen, gewisse Defizite mit teuren Autos auszugleichen? Ist da was dran?
Das müsstet ihr Männer fragen, die Defizite haben. Zu mir fallen mir spontan keine Defizite ein. Außer vielleicht, dass ich es mag, erfolgreich zu sein.

Du warst sozusagen immer deines Glückes Schmied.
Das kann man so sagen, ja. Und das ist im Übrigen auch Teil meines politischen Kompasses. Du kannst es in Deutschland mit Fleiß und Ehrgeiz weit bringen. Du hast alle Chancen. Das ist auch ein Leitgedanke meiner Partei. Das Leistungsprinzip ist für uns Liberale von großer Bedeutung. 

Wie war das denn eigentlich damals mit der Moomax-Insolvenz?
Das ist jetzt aber echt ein ziemlich alter Hut. Ich war ja nur ein Jahr dabei und bin vor der Insolvenz ausgestiegen. 

Hast du ein bisschen was mitgenommen?
Kein Kommentar. So viel war es nicht. 

Aber das war kein Erfolg. Das war eher ein bisschen dubios, oder? Auch ein Christian Lindner kann mal Probleme haben …
Ach, Probleme sind doch nur dornige Chancen. Und da kommt unser Kaffee. Sehr schön.
(Lindner steht auf und verteilt höchstselbst die Tassen.)
Ja, da staunt ihr, oder? Hier packt der Chef noch selbst mit an.
(Die Dame, die den Kaffee gebracht hat, lächelt gequält.)

Ist es eigentlich wichtig für den Erfolg, die richtigen Leute zu kennen?
Sagen wir mal so, das schadet nicht.

Also zum Beispiel Oliver Blume?
Wer soll das sein?

Jetzt komm schon, Christian, Porsche-CEO …
Okay, wir sind uns mal über den Weg gelaufen. 

Ist es nicht ein bisschen seltsam, sich so stark zu machen für die e-Fuels und gegen ein Tempolimit, wenn im Grunde alle wissen, dass e-Fuels zu teuer sein werden und ein Tempolimit aus vielen Gründen absolut sinnvoll ist? Da könnte fast der Eindruck entstehen, hier wird Politik aus ganz persönlichen Erwägungen gemacht. Porsche fahren …
Erstens werden für mich und für viele andere Menschen die e-Fuels ganz sicher nicht zu teuer sein und zweitens halte ich sehr viel davon, dass die Menschen für sich selbst Verantwortung übernehmen und wir nicht überall Verbotsschilder aufstellen. Das wäre Bevormundung. Das finden manche gut. Meine Partei steht aber für etwas anderes. Wir sollten generell nicht mit Verboten arbeiten, sondern mit Anreizen. Ich kann dem Wunsch nach Volkserziehung nichts abgewinnen.

Aber selbst die Industrie sagt, dass e-Fuels keine große Zukunft haben werden.
Ich bin trotzdem nicht überzeugt von der Fixierung auf die Elektromobilität, ich bin für eine generelle Technologie-Offenheit. Wir sind bei dieser Technik führend in Deutschland. Es wäre doch irre, uns an dieser Stelle jetzt auszubremsen.

Dann werden wir in ein paar Jahren führend bei einer Technik sein, die niemand mehr braucht. Super!
Ich bin mir sicher, dass diese Technik weiter eine Rolle spielen wird.

Und ich bin reif für ein kleines Dankeschön zwischendurch. Ich freue mich wirklich, dass die Legalisierung von Cannabis nun allmählich in Gang kommt. Das wird mir künftig helfen, schwierige Gespräche weitaus gelassener zu ertragen. 
Ich selbst kann dieser Droge wenig abgewinnen, meine Droge ist die Arbeit, die Leistung.

Wie beurteilst du denn Menschen, die nicht unbedingt auf der Sonnenseite des Lebens stehen, die vielleicht einfach Pech gehabt haben, die keinen netten Kredit bei der Bank bekommen?
Ich finde es vor allem wichtig, dass wir die arbeitende Mitte bei der Inflation und den steigenden Energiekosten finanziell entlasten. Aber ich halte nichts davon, jetzt mit der großen Gießkanne über alle Schichten einen warmen Regen zu verteilen. Es gibt auch Teile in unserer Gesellschaft, die wollen sich nicht anstrengen, die gehören eben nicht grundlos zum ärmeren Teil der Gesellschaft. Und hier Geld aufzuwenden, das sehe ich als Finanzminister nicht. Da werde ich die linken Gelüste meiner Koalitionspartner leider ein wenig ausbremsen müssen. 

Viele Geringverdienende arbeiten zum Beispiel in Kitas, Altenheimen und Krankenhäusern. 
Ich denke auch, dass hier nachgebessert werde muss. Aber das erreicht man wahrscheinlich nicht durch Lenkung vom Staat. Ich denke, wir sollten in diesen Bereichen weiter privatisieren, dann wird der Markt auch hier seine wohltuende Wirkung entfalten. 

Bleibt es auf jeden Fall bei der Schuldenbremse?
Absolut. Und darüber könnt ihr sehr froh sein. Ich gebe jetzt kein Geld aus, dass ihr irgendwann zurückzahlen müsst. Jedenfalls nicht für irgendwelche sozialen Abenteuer meiner Koalitionskollegen. Ihr sollt euch ja auf eure Zukunft freuen können.

Wenn ich sehe, was der Wissing so alles nicht auf die Beine stellt, sehe ich leider schwarz für unsere Zukunft.
Volker Wissing hat einen klaren Kompass und er setzt die richtigen Prioritäten.

e-Fuels retten zum Beispiel?
Volker Wissing ist ein Profi. 

Ach ja, die Profis. „Von Kindern und Jugendlichen kann man nicht erwarten, dass sie bereits alle globalen Zusammenhänge, das technisch Sinnvolle und das ökonomisch Machbare sehen. Das ist eine Sache für Profis.“ Kennst du den Satz? Ging an die Adresse der Fridays. 
Ich wollte damit nur sagen, dass auch politisch Entscheider innovative Ansätze oft noch gar nicht kennen und somit keine Alternativen erkannt werden.

Du hast gerade vom Ausbremsen gesprochen, wir haben nach der Schuldenbremse gefragt … Bleiben wir noch ein bisschen beim Bremsen, kommen wir noch einmal kurz zum Tempolimit zurück: Warum nicht auf den Autobahnen ein wenig bremsen? Eine bloß Anti-Verbotshaltung überzeugt doch niemanden, per Gesetz ist jede Menge ganz zurecht verboten.
Nun, man muss immer ganz genau schauen, wen und was man bremst. Schuldenbremse bremst bei Schulden – das ist gut. Bremse ich als Vertreter der Mitte die linken Koalitionspartner aus, ist das auch gut. Das hält Maß und Mitte. Wenn die Bevölkerung jetzt zu 90 Prozent aus Bankräubern bestünde – ich wähle hier bewusst den Konjunktiv –, dann wäre gegen ein Tempolimit nichts einzuwenden, denn dann kämen ja die Fluchtautos weniger schnell voran. Aber die Bevölkerung besteht mehrheitlich aus hart arbeitenden, ganz normalen Menschen mit guten und wertvollen Zielen, die sie auch schnell erreichen können sollten. Schließlich ist Zeit ja Geld. Wer täglich 30 Minuten länger fährt, arbeitet 30 Minuten weniger. Oder konsumiert 30 Minuten weniger. Oder tankt 30 Minuten weniger Ruhe, um wieder gut arbeiten zu können.

Aber die Mehrheit der Bevölkerung wäre für ein Tempolimit …
Ich würde mir da von der Bevölkerungsmehrheit wünschen, dass jeder das Vertrauen, dass er in seine eigenen Fähigkeiten setzt, auch bei den anderen voraussetzt. Das ist, so sehe ich das, bislang nicht der Fall. Seht ihr: Jeder weiß von sich, dass er mit Tempo 150 gut zurechtkommt – die meisten trauen es bloß den anderen Verkehrsteilnehmenden nicht zu. Da wünsche ich mir ein bisschen mehr Mut. Denn wenn alle das Gute wollen und auch das Gute können, dann müssen sie es einander bloß noch gegenseitig erlauben.

Aber größere Klimaschäden und mehr Verkehrstote einzupreisen … Ist das nicht unredlich?
Pecunia non olet.

Geld stinkt nicht?
Ganz genau.

Was stinkt denn?
Vieles. Etwa diese überzogenen Forderungen nach schier grenzenlosen Sozialausgaben, die meist ja auch von jenen kommen, die wenig erwirtschaften. Das stinkt mir manchmal schon.

Was ist mit den Grünen?
Die Grünen sind mir momentan deutlich zu links eingestellt und ich glaube, da läuft auch irgendwas mit der Antifa.

Okay, bevor es jetzt hier zum Schluss zu ernst wird, kennst du einen guten Witz über Marie-Agnes Strack-Zimmermann?
Nun, ich bin neulich erst wieder morgens mit ihr wach geworden … Aber nicht, was ihr jetzt so denkt …

Brüller! Lieben Dank für das Gespräch. 


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